Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema. Das zeigt sich auch in der aktuellen Diskussion, ob ab 2035 keine Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor, gemäß dem Europäischen Parlaments Beschluss neu zugelassen werden sollen.
Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema. Das zeigt sich auch in der aktuellen Diskussion, ob ab 2035 keine Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden sollen. Dies hat das Europäische Parlament im Februar 2023 beschlossen. Jetzt braucht es eine Bestätigung durch die EU-Mitgliedstaaten. Hier gibt es keine einfachen Antworten, weiß Prof. Dr. Michael Koch, Professor für Economics & Sustainability an der SRH Fernhochschule. Er hat die wichtigsten Argumente beider Seiten zusammengetragen und erklärt, warum er sich aus fachlicher Sicht für ein Ende des Verbrennungsmotors ausspricht.
Zwei Meinungen – zwei Antriebe
„Befürworter des Verbots sehen in jeglicher Form von Verbrennungsmotor ein Kraftfahrzeug, das im Betrieb klimaschädliche Gase ausstößt. Das ist für sich betrachtet richtig“, erklärt Prof. Koch. Demnach läge die Zukunft im Autobau bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, insbesondere dem Elektroantrieb.
Gegner des Verbots führen an, dass es alternative, synthetische Kraftstoffe gibt, die sogenannten E-Fuels, die durch große Mengen von Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxyd hergestellt werden. „Kommt dieser Strom ausschließlich aus erneuerbaren oder anderen Co₂-neutralen Quellen, dann können Verbrennungsmotoren mit E-Fuels klimaneutral betrieben werden“, so der Nachhaltigkeitsexperte.
In der Realität allerdings wird der Strom zur Herstellung von E-Fuels auf absehbare Zeit genauso wenig aus 100% klimaneutralen Quellen kommen, wie der Strom zum Betrieb von E-Fahrzeugen. Somit bleiben beide Antriebsarten auf lange Zeit nicht klimaneutral – ganz abgesehen von weiteren Fragen wie beispielsweise der negativen Umweltwirkung bei der Herstellung von Batterien für E-Fahrzeuge.
3 gute Gründe für ein Ende der Verbrennungsmotoren
„Es sprechen dennoch wichtige Argumente für ein künftiges Verbot von Verbrennungsmotoren in Kraftfahrzeugen. Erstens ist der Wirkungsgrad von Verbrennern sehr viel schlechter, so dass ein Elektrofahrzeug mit der gleichen Menge an Energie fünfmal weiter fahren kann als ein mit E-Fuels betanktes Fahrzeug“, weiß Prof. Koch. Somit wird viel Strom verschwendet, wenn dieser zur Produktion von E-Fuels statt für das Laden von Elektrofahrzeugen genutzt wird. Und: Während der Verbrennungsmotor technisch ausgereift ist, stehen alternative Antriebe am Anfang, so dass deren Effizienzvorsprung weiter anwachsen wird.
Als zweiten wichtigen Punkt führt Prof Koch an, dass ein Festhalten am Verbrennungsmotor bedeuten würde, dass die Automobilindustrie auf Dauer mehrgleisig forschen und produzieren würde. Verschiedene Antriebe gleichzeitig zu produzieren führt zu höheren Kosten und geringeren Effizienzen in der Produktion, und damit letztlich zu höheren Preisen für die Verbraucher.
„Und drittens ist die Forderung der Automobilindustrie nach klaren Rahmenbedingungen berechtigt. Wenn die Politik das Aus von Verbrennern beschließt, kann die Industrie in die nötige Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge investieren. Das stärkt wiederum deren Akzeptanz beim Verbraucher und führt zu einer schnelleren nachhaltigen Transformation im Individualverkehr“, so die Einschätzung des Experten.
Jetzt ist die Politik gefragt
Prof. Kochs Forderung an die Politik: Dies soll kein einseitiges Credo für Elektromobilität sein. Hier muss die Batterietechnik Fortschritte machen, um mit weniger Ressourcen auszukommen und höhere Reichweiten zu ermöglichen. Das gelingt jedoch umso schneller, je zügiger die Politik ein Verbrenner-Aus beschließt.
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