Digitale Neobanken gelten als das große Ding der Gen Z. Werden die etablierten Kreditinstitute bald abgelöst?
Ein kurzes »Pling!« und schon ist die Kohle von mir bei dir. Das Versenden von Geld ist eine Sekunden-Angelegenheit geworden und braucht nicht mehr als eine App. Niemand will seine Zeit damit verbringen, sich durch 1.000 Onlineformulare zu klicken, geschweigedenn mit einem orangenen Überweisungszettel zum Bankhaus zu rennen. Dementsprechend werden Neobanken in den letzten Jahren stetig beliebter. Keine Filialen, rein digitaler Service und alles in einer App. Sieht so die Zukunft aus?
Requiem für eine Bank?
Neben der großen Flexibilität haben Neobanken noch weitere Vorteile: »Im Vergleich zu den etablierten Kreditinstituten bieten Neobanken ihre Leistungen in der Regel günstiger an bzw. zum Teil auch kostenfrei«, erklärt Prof. Anja Susanne Büschgen, Leiterin des Studiengangs »Banking & Finance« an der TH Köln. »Eine Kontoeröffnung gestaltet sich in der Regel als unkompliziert und schnell mit Identifizierung über Video-Ident-Verfahren.« Trotz alledem ist es eher unwahrscheinlich, dass Sparkasse, Volksbank und Co. in der nächsten Zeit ihre Türen schließen werden. Zum einen wollen die etablierten Banken nicht abgehängt werden und holen bei digitalen Services auf. Zum anderen wollen nicht alle jungen Menschen komplett auf echten Service verzichten. »Auch in zehn Jahren wird es noch Leute geben, die sich nicht mit Dingen wie Brokerage auseinandersetzen wollen«, prognostiziert Prof. Olaf Zeitnitz, der den Studiengang »Digital Banking & Finance« an der »SRH Fernhochschule – The Mobile University« leitet. »Die Frage ist: Möchte ich einen Service und bin ich bereit, dafür zu bezahlen? Deshalb glaube ich auch nicht an 100 Prozent Marktanteil der Digitalbanken«.
Weniger Banken, mehr Nischen
Deutlich spannender ist zu beobachten, wie sich das Modell der Neobanken in den kommenden Jahren ändern wird. In der letzten Dekade boomte die Gründerszene in der Branche. Mittlerweile klingt dieser Hype langam ab und die ersten ehemals ernstzunehmenden Player der Branche verschwinden. Erst im Januar dieses Jahres meldete die Hamburger Bank »Ruuky« Insolvenz an. 250.000 Kunden hatten dort ein Konto. Laut Prof. Zeitnitz ist zu erwarten, dass es auf eine handvoll große Digitalbanken und mehrere kleine, aber dafür spezialisierte Banken zulaufen wird. Das Fintech »Tomorrow« verspricht beispielsweise eine besonders nachhaltige Alternative zu sein. »Die Boomzeit, Neobanken ohne Differenzierung zu gründen, ist vorbei«, so Zeitnitz.
Zukunft Bank
Die Unterschiede zwischen der Neobank und den etablierten Kreditinstituten zeigen sich auch dann, wenn es um Karriereoptionen geht. »Bei Neobanken können Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen eigenverantwortlicher beeinflusst bzw. gestaltet und Ideen eingebracht werden als dies bei klassischen Banken im Regelfall möglich sein dürfte«, weiß Professor Büschgen. Digitale Banken sind oft weniger hierarchisch und fördern eine flexible und eigenverantwortliche Arbeitsweise. »Wer vielleicht auch alle zwei Jahre etwas Neues machen möchte, ist bei Digitalbanken besser aufgehoben – mit dem Risiko, dass diese Bank in ein paar Jahren nicht mehr da ist«, empfiehlt auch Prof. Zeitnitz. »Wer einen Job fürs Leben sucht, sollte besser zu einer etablierten Bank gehen.« Die Entwicklung der Neobanken ist eben noch nicht vollständig abgeschlossen.
Professur für Digital Finance