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Trendthemen 2023 der Sozialen Arbeit: Das Bürgergeld

Für die einen ist es die überfällige Abkehr vom ungeliebten Hartz IV, die anderen sehen im Bürgergeld eine „Verhöhnung der Arbeit“ und sprechen von historischen Fehlern.

Bürgergeld 2023: Folgen und Fakten

Für die einen ist es die überfällige Abkehr vom ungeliebten Hartz IV, die anderen sehen im Bürgergeld eine „Verhöhnung der Arbeit“ und sprechen von historischen Fehlern. Die Einführung 2023 erfolgt in zwei Phasen. Warum das der Praxis geschuldet ist und wo es beim neuen Gesetz schon jetzt krankt, verraten wir im aktuellen Check – nur wenige Wochen, nachdem die neuen Regelungen in Kraft getreten sind.

 

Am Anfang stand ein zweifellos schöner Gedanke: Mit dem Bürgergeld sollte an die Stelle von Hartz IV ein Regelwerk treten, das Leistungsempfänger nicht mehr als Kunden einstuft, sondern eben als Bürger und damit als Träger sozialer Rechte. Weniger Sanktionen und ein großzügigerer Umgang mit Vermögen sollen den Betroffenen mehr Vertrauen entgegenbringen, anstatt den Druck noch zu erhöhen. Außerdem wurden die Regelsätze angepasst.

Kritik von allen Seiten, aber auch Zustimmung

Aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf musste erst ein Kompromiss werden, damit er in die Tat umgesetzt werden konnte. Trotzdem: Nicht erst seit der Einführung hagelt es Kritik von allen Seiten. Das ist bei grundlegenden Vorstößen im Zusammenhang mit sozialen Fragestellungen kaum verwunderlich – kein politisches Lager schafft es, mit seinen Positionen ohne Weiteres tragfähige Mehrheiten zu bilden. Nach Meinung der Expert:innen liege man mit dem Fokus auf mehr Vertrauen und mehr Förderung zwar grundsätzlich richtig. Doch gibt es ebenso Zweifler, die in zu viel Vertrauen und Alimentierung einen erheblichen Motivationsverlust und falsche Anreize sehen.

Jobcenter müssen Bürgergeld umsetzen, wurden aber nicht gehört

Der Wirtschaftsdienst kritisiert in seiner Bewertung der Reform, dass man mit der stufenweisen Einführung des Bürgergeldes zwar explizit auf die Situation in den Jobcentern Rücksicht nehmen wollte, beim Gesetzentwurf aber nicht auf Feedback aus der Praxis gehört habe. So bemängelten die Jobcenter mehrheitlich, dass das Bürgergeld grundlegend mit der Idee des Förderns und Forderns breche. Aus Erfahrung hält man Vorrangs- und Zumutbarkeitsregeln weiterhin für nötig und kritisiert auch die Schonvermögen. Damit werde die Idee der Grundsicherung aufgeweicht.

Was versäumt wurde, sollte also schnellstens nachgeholt werden: Das Bürgergeld wird in den insgesamt 406 Jobcentern in Deutschland auf die Realitäten prallen. Soll es dauerhaft Erfolg haben, müssen diese mehr gehört werden, wenn sie auf Mängel im Gesetzestext hinweisen.

Hat das Bürgergeld ein Image-Problem?

Auch in der Bevölkerung kommt der Hartz-IV-Ersatz bislang nicht gut an. Laut einer Forsa-Umfrage vom November 2022, also noch bevor das Gesetz in Kraft trat, ist eine Mehrheit von 54 Prozent der Ansicht, dass Arbeitslose dank des Bürgergeldes nun besser dastünden als Geringverdiener:innen. Solche Zahlen sollten ein Alarmsignal sein für die Verantwortlichen. Schließlich wird in Bezug auf das Bürgergeld mit sozialer Gerechtigkeit argumentiert. Ist der Eindruck in der Bevölkerung aber ein anderer, wird es das Bürgergeld wohl schwer haben.

Es ist also dringend geboten, das Stimmungsbild in der Öffentlichkeit im Auge zu behalten. Die Sachverhalte sind allerdings kompliziert, selbst Expert:innen tun sich mit einer abschließenden Bewertung des Bürgergeldes schwer. Das spiegelt sich auch in der Kommunikation des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wider. Auf seiner Internetseite gibt es Antworten auf die „wichtigsten Fragen“ zum Bürgergeld-Gesetz. Es sind nicht weniger als 62.

Demografie und Migration auch beim Bürgergeld Dauer-Trend-Themen

Aus der Wirtschaft kommt wenig überraschend besonders viel Kritik, hauptsächlich wegen Finanzierung und Bedarf. Ein Punkt: Die Rente mit 63 werde in Verbindung mit der regulären Verrentung für Millionen neue Empfänger:innen bis zum Jahr 2030 sorgen. Das Geld dazu fehle bekanntermaßen weitgehend, auf diese „Rentenlücke“ aber gebe das Bürgergeld keine Antwort. Und dann die Migration: Wenn es an Ausbildung oder gar Sprachkenntnissen fehle, kämen für Menschen mit Migrationshintergrund meist nur schlecht bezahlte Jobs infrage. Da könne das Bürgergeld schnell attraktiver sein, so die Befürchtung – vor allem, weil galoppierende Energie- und Wohnkosten Geringverdiener:innen zusätzlich belasteten, während Miete und Heizkosten, wie schon bei der Grundsicherung, nun durch das Bürgergeld übernommen würden.

Das sagt die Expertin: „Bürgergeld kein bedingungsloses Grundeinkommen“

„Bevor Betroffene Anspruch auf Bürgergeld haben, müssen sie zuerst andere staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, wie beispielsweise Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld, Arbeitslosengeld, Elterngeld, Bafög und weitere“, erklärt Prof. Dr. Voigt, Professorin für Soziale Arbeit an der SRH Fernhochschule. „Das Bürgergeld muss gesondert beantragt werden. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen handelt.“ Der Staat erwarte viel mehr, dass Empfänger:innen des Bürgergeldes aktiv daran arbeiten, aus ihrer schwierigen finanziellen Lage herauszukommen. „Im Gesetzesentwurf gab es zwar zunächst den Vorschlag, Sanktionen seitens der Jobcenter zu verbieten – ein sogenanntes Sanktionsmoratorium. Das wurde aber abgelehnt, Sanktionen sind weiter ab dem ersten Tag möglich.“

Prof. Dr. Daniela Voigt

ist Professorin für Soziale Arbeit an der SRH Fernhochschule - The Mobile University.

1. Stufe – 1. Januar 2023

Die Bürgergeld-Regelsätze wurden deutlich erhöht[PM1] . Für Singles beträgt dieser nun 502 Euro, im Vergleich zu 449 Euro zuvor. Für Paare steigt der Regelsatz auf 902 Euro. Auch Kinder erhalten nun mehr Geld:

•             451 Euro für Partner:innen in einer ehelichen oder nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft

•             420 Euro für Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren

•             348 Euro für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren

•             318 Euro für Kinder bis einschließlich 5 Jahre

 

Karenzzeit, um schnell wieder eigenes Einkommen zu erzielen

Eine der Neuerungen betrifft die Einführung einer Karenzzeit, die es Bürgergeld-Haushalten ermöglicht, für eine gewisse Zeit finanzielle Unterstützung zu erhalten, ohne dass ihre Ersparnisse oder die Kosten ihrer aktuellen Wohnung berücksichtigt werden. Diese Maßnahme wurde aufgrund der Erfahrungen während der Corona-Pandemie eingeführt, als Hartz IV auch denjenigen Haushalten helfen sollte, die aufgrund staatlicher Eingriffe und Verbote in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren und für die andere Unterstützungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung standen.

Die Idee dahinter ist simpel: Die Bürgergeld-Haushalte sollen sich zunächst darauf konzentrieren können, schnell wieder ein eigenes Einkommen zu erzielen, ohne gezwungen zu sein, ihre Wohnung aufzugeben oder ihre Ersparnisse zu nutzen. Insbesondere in der aktuellen Situation sollen Haushalte mit hohen Energiekosten die Möglichkeit haben, vorübergehend auf Bürgergeld zurückzugreifen, um diese Rechnungen bezahlen zu können.

 

Altersvorsorge, Eigenheim und Gespartes bleiben erhalten

Das Bürgergeld lässt die klassische Altersvorsorge in Versicherungsform unangetastet, da diese oft vor dem Ruhestand nicht verfügbar ist und schon zu Hartz-IV-Zeiten nicht aufgebraucht werden musste, um staatliche Hilfe zu erhalten. Zusätzlich wird Erspartes von bis zu 40.000 Euro für das erste Haushaltsmitglied und 15.000 Euro für jedes weitere im ersten Jahr nicht angetastet. Auch nach dem ersten Jahr sind die Freigrenzen für das Schonvermögen auf 15.000 Euro pro Haushaltsmitglied erhöht worden. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung bleiben ohnehin unangetastet, solange die Wohnfläche nicht zu groß ist, da bis zu 130 Quadratmeter für vier Personen schon zu Hartz-IV-Zeiten erlaubt waren. Es kann jedoch später zu Einschränkungen bei der Kostenübernahme kommen.

 

Vermittlungsvorrang entfällt, Bildung hat Priorität

In den letzten Jahren wurde von staatlichen Stellen erkannt, dass viele Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld [PM2] keine abgeschlossene Berufsausbildung haben und aufgrund fehlender Qualifikationen nur schwer in den klassischen Arbeitsmarkt zu vermitteln sind.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, soll nun der Aus- und Fortbildung eine höhere Priorität eingeräumt werden. Bereits ab sofort entfällt der sogenannte Vermittlungsvorrang, sodass Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger eine Aus- oder Fortbildung nicht mehr abbrechen müssen, um einen kurzfristigen Job anzunehmen, der sie aus dem Bürgergeldbezug führt.

 

Weitere Details auf einen Blick:

  • Angemessenheit der Wohnung wird erst nach zwölf Monaten geprüft
    Die Angemessenheit der Wohnung wird nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten überprüft. In der Zwischenzeit werden die tatsächlichen Wohnkosten übernommen. Allerdings werden die Heizkosten nur in angemessenem Umfang gewährt.
  • Vermögen bis zu 40.000 Euro bleibt zwölf Monate geschützt
    In den ersten zwölf Monaten bleibt ein Vermögen von bis zu 40.000 Euro geschützt. Für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft erhöht sich dieser Freibetrag um jeweils 15.000 Euro.
  • Nach 13 Monaten ist der Vermögensfreibetrag 15.000 Euro
    Nach der Karenzzeit gilt ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft. Rücklagen für die Altersvorsorge und selbstgenutztes Wohneigentum sind ebenfalls besser geschützt.
  • Vermittlungsvorrang entfällt
    Der sogenannte Vermittlungsvorrang, der die bevorzugte Vermittlung in Erwerbstätigkeit bedeutete, ist aufgehoben. Beim Bürgergeld stehen nun Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses im Vordergrund.
  • Sanktionen sind ab dem ersten Tag des Leistungsbezugs möglich
    Leistungskürzungen aufgrund von Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen sind ab Beginn des Leistungsbezugs möglich.
  • Bei einem Meldeversäumnis wird der Regelbedarf für einen Monat um zehn Prozent gemindert. Bei der ersten Pflichtverletzung wird der Regelbedarf für einen Monat um zehn Prozent, bei einer zweiten Pflichtverletzung für zwei Monate um 20 Prozent und in der letzten Stufe für drei Monate um 30 Prozent gemindert.
  • Beschäftigungen auf dem zweiten und dritten Arbeitsmarkt sind nicht mehr befristet
    Der Soziale Arbeitsmarkt wird dauerhaft etabliert.
  • Minderjährige, die zu Unrecht Grundsicherungsleistungen erhalten haben und diese zurückzahlen müssen, haften bei Eintritt der Volljährigkeit nur noch, wenn sie ein Vermögen von mehr als 15.000 Euro besitzen.
  • Ältere müssen nicht mehr nach einem Jahr Leistungsbezug in Rente gehen
    Ältere erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nicht mehr gezwungen, vorzeitig die Altersrente in Anspruch zu nehmen.
  • Ältere, die nicht in Rente gehen bleiben im Status Arbeitslos
    Die Sonderregelung für ältere Menschen, die besagte, dass sie nach einem Jahr des Leistungsbezugs nicht mehr als arbeitslos erfasst werden, ist aufgehoben.
  • Es gibt keine Unterscheidung mehr zwischen Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Stattdessen wird einheitlich das Bürgergeld gewährt. Die Behörden haben jedoch bis Mitte 2023 Zeit, um alle Formulare entsprechend anzupassen.

 

2. Stufe – 1. Juli 2023

  • Freibeträge und Hinzuverdienst werden verbessert - Erwachsene dürfen 30 Prozent ihres Verdienstes behalten, Schüler und Studierende bis zu 520 Euro
    Es wird eine Verbesserung der Freibeträge für Erwerbstätige geben, insbesondere für Beschäftigte mit einem Einkommen zwischen 520 und 1000 Euro. Nun dürfen 30 Prozent ihres Einkommens (statt bisher 20 Prozent) behalten werden, was bis zu 48 Euro mehr im Geldbeutel bedeutet.
  • Junge Menschen dürfen ihr Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs sowie aus einer beruflichen Ausbildung bis zur Minijob-Grenze behalten. Das gilt auch für eine dreimonatige Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung. Einkommen aus Schülerjobs in den Ferien wird jedoch nicht berücksichtigt. Ehrenamtliche können jährlich bis zu 3.000 Euro der Aufwandsentschädigung behalten.
  • Eingliederungsvereinbarung wird durch den Kooperationsplan ersetzt – Schlichtungsverfahren wird eingeführt
    Die formale Eingliederungsvereinbarung wird durch den Kooperationsplan ersetzt. Der Kooperationsplan wird gemeinschaftlich von Jobcenter-Beschäftigten und Bürgergeld-Beziehenden in verständlicher Sprache erarbeitet und enthält keinen Hinweis auf mögliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Er wird bis Ende 2023 schrittweise die Eingliederungsvereinbarung ablösen. Falls Meinungsverschiedenheiten bei der Erarbeitung des Kooperationsplans auftreten, kann das neue Schlichtungsverfahren helfen.
  • Coaching und ganzheitliche Betreuung für Bürgergeldbezieher:innen
    Als neues Angebot können Bürgergeld-Beziehende die ganzheitliche Betreuung/Coaching in Anspruch nehmen. Das Coaching kann auch aufsuchend, ausbildungs- oder beschäftigungsbegleitend erfolgen.
  • Weiterbildungsprämie und verlängertes Arbeitslosengeld
    Wer eine Weiterbildung mit Abschluss erfolgreich absolviert, erhält eine Weiterbildungsprämie und ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Für andere wichtige Maßnahmen zur nachhaltigen Integration gibt es einen monatlichen Bürgergeldbonus von 75 Euro. Bei Bedarf kann auch eine längere Förderung zur Nachholung eines Berufsabschlusses gewährt werden. Personen, die während einer beruflichen Weiterbildung Arbeitslosengeld erhalten, erhalten einen verbesserten Arbeitslosenversicherungsschutz durch eine längere Mindestrestanspruchsdauer nach Ende der Weiterbildung.
  • Personen, die Grundkompetenzen wie Lese-, Mathe- oder IT-Kenntnisse benötigen, können diese leichter nachholen.
  • Die Erreichbarkeitsanforderungen für Leistungsbeziehende werden an moderne Kommunikationsmöglichkeiten angepasst.
  • Mutterschaftsgeld wird nicht mehr als Einkommen angerechnet, und Erbschaften werden nicht als Einkommen, sondern als Vermögen betrachtet.
  • Im Falle einer medizinischen Reha muss kein Übergangsgeld mehr beantragt werden, da das Bürgergeld weitergezahlt wird.

Alle Fakten in Anlehnung an BMAS (https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Grundsicherung-Buergergeld/Buergergeld/Hintergrundinfos-zum-Buergergeld/hintergrundinfos-zum-buergergeld.html)

 [PM1]D. h. sie wurden im Vergleich zu HarzIV erhöht?

 [PM2]D.h. viele Empänger:innen von HarzIV zuvor?

Wohngeld „Plus“ oder Bürgergeld? Drei Fragen an Prof. Dr. Voigt, Professorin für Soziale Arbeit an der SRH Fernhochschule

Frau Voigt, das neue Wohngeld „Plus“ könnte für einige Empfänger:innen der Weg aus dem Bürgergeld werden. Warum?

„Mit der Reform des Wohngelds winkt zahlreichen Haushalten eine zusätzliche Finanzhilfe. Zu den bisher 600.000 Wohngeld-Haushalten sollen bis zu 1,4 Millionen weitere dazukommen. Das Wohngeld soll außerdem um durchschnittlich 190 Euro im Monat aufgestockt werden. Damit erhalten die berechtigten Haushalte im Schnitt rund 370 Euro monatlich. Wohngeld beantragen können alle Haushalte, die wenig Geld zur Verfügung haben, aber keine Sozialleistungen beziehen. Achtung: Mögliche Bürgergeld-Empfänger:innen sollten das Wohngeld nicht außer Acht lassen. Das Wohngeld ist eine vorrangige Leistung und würde den Bezug von Bürgergeld ausschließen. Besonders Menschen, die mit dem Bürgergeld lediglich aufstocken, könnten mit dem Wohngeld künftig besser dran sein. Die neuen Regelungen beim „Wohngeld-Plus“, wie es die Regierung nennt, könnten also den Weg aus der Grundsicherung ebnen.“

Laut Expert:innen betrifft das etwa 380.000 Personen, die zusätzlich zum Gehalt Bürgergeld beziehen. Für wen kommt es infrage?

„Ob jemand auf das Wohngeld wechseln sollte, lässt sich ganz einfach mit dem vorläufigen Wohngeldrechner des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ermitteln. Betroffene müssen dann sogar die Leistung wechseln, da das Wohngeld wie gesagt zu den vorrangigen Leistungen zählt. Das ist in Paragraph 12 a des zweiten Sozialgesetzbuchs festgelegt. Ob man Wohngeld-berechtigt ist und wie viel man erhält, hängt maßgeblich vom Einkommen ab. Im Vergleich zum Bürgergeld gibt es beim Wohngeld auch keine Sanktionen und keine regelmäßigen Jobcenter-Termine, die Betroffene wahrnehmen müssen.“

Wo können Betroffene sich beraten lassen?

„Wer unsicher ist, kann sich einfach ans zuständige Jobcenter wenden. Die Mitarbeiter:innen sind laut den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zur Beratung verpflichtet. Wörtlich heißt es dort: Das Jobcenter hat die leistungsberechtigten Personen auf vorrangige Leistungen und die Verpflichtung, sie in Anspruch zu nehmen, hinzuweisen. Insoweit besteht eine gesteigerte Beratungspflicht.“

Fazit

Die Einführung des Bürgergeldes setzt der Debatte darum kein Ende – im Gegenteil. Erst die Umsetzung wird zeigen, ob der viel kritisierte Kompromiss seine Ziele erreichen kann, oder ob dringend nachgebessert werden muss. So entscheidend der soziale Zusammenhalt gerade in Krisenzeiten ist, so wenig scheinen Politik und Gesellschaft in der Lage, konsensfähige Antworten zu finden.

Besonders für Mitarbeitende im Sozialwesen stellt das Bürgergeld Herausforderung und Chance zugleich dar. Für eine kompetente Beratung ist es unerlässlich, sich Basiswissen anzueignen und besonders die Schnittstelle zwischen Bürger- und Wohngeld für die Klient:innen transparent zu gestalten.

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