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Entscheidungen treffen – Die Psychologie der Entscheidungskompetenz

Wie wir gute Entscheidungen treffen, ist in der Psychologie ein gut untersuchtes Thema. Lesen Sie hier, welche Rolle Intuition, Emotionen oder KI dabei spielen – und was das ganze mit einem Truthahn zu tun hat.

In unserem täglichen Leben müssen wir ständig Entscheidungen treffen, die nicht nur den gegenwärtigen Moment, sondern auch unsere Zukunft prägen. Von kleinen Alltagswahlen bis hin zu lebensverändernden Entscheidungen, jede Auswahl trägt dazu bei, den Pfad unseres Lebens zu gestalten. In einer Welt voller Unsicherheit und rasantem technologischem Fortschritt nehmen die Komplexität und Herausforderung dieser Entscheidungsprozesse stetig zu.

Ein tieferes Eintauchen in die Welt der Entscheidungs­psychologie offenbart sowohl offensichtliche als auch subtilere, weniger diskutierte Aspekte der Entscheidungskompetenz, weiß Daniel Klein, unser Fachdozent für Psychologie. Er leitet das neue Zertifikat der Spiegel-Akademie „Entscheidungs­psychologie: richtig und schnell entscheiden“.

Welche Rolle spielt Intuition in der Entscheidungsfindung?

Intuition ist ein entscheidender, aber oft unterschätzter Aspekt der Entscheidungsfindung. Sie basiert auf unbewussten kognitiven Prozessen und ist besonders in Situationen mit schnellen Entscheidungen oder bei unzureichenden Informationen wichtig. Die Herausforderung liegt darin, die eigene Intuition zu schulen und gleichzeitig ein Gleichgewicht mit rationalen Entscheidungsprozessen zu finden. Dies erfordert ein Verständnis dafür, wann man sich auf sein Bauchgefühl verlassen sollte und wann eine analytische Herangehensweise angebrachter ist.

Wie wirken sich Emotionen auf unsere Entscheidungen aus?

Emotionen spielen eine zentrale Rolle, wenn wir Entscheidungen treffen. Gefühle wie Angst, Freude oder Vertrauen können unsere Urteile beeinflussen, sowohl positiv als auch negativ. Die Entwicklung emotionaler Intelligenz, die das Erkennen, Verstehen und Managen von Emotionen beinhaltet, ist daher entscheidend. Ein Bewusstsein für unsere emotionalen Reaktionen und deren Einfluss auf unsere Entscheidungen kann zu klügeren und ausgewogeneren Urteilen führen. Es geht darum, Emotionen zu einem unterstützenden psychologischen Faktor in unserem Entscheidungsprozess zu machen.

Der Unterschied zwischen Risiko und Ungewissheit oder: die Truthahn-Illusion

Die "Truthahn-Illusion" ist ein anschauliches Beispiel, das den Unterschied zwischen Risiko (bekannte Wahrscheinlichkeiten der Wahloptionen) und Ungewissheit veranschaulicht (Russell, 1912). Sie beruht auf der Annahme, dass ein Truthahn, der jeden Tag gefüttert anstatt geschlachtet wird, daraus schließen könnte, dass dies immer so weitergehen wird (nach jedem mathematischen Modell steigt jeden Tag die Wahrscheinlichkeit auf Futter). Doch am Vorabend von Thanksgiving ändert sich alles…

Diese Geschichte illustriert, wie Erfahrungen aus der Vergangenheit uns in die Irre führen können, wenn wir mit unvorhersehbaren Ereignissen konfrontiert sind. Wenn wir Entscheidungen treffen bedeutet dies psychologisch, dass wir Risiken, die wir einschätzen und quantifizieren können, von echter Ungewissheit unterscheiden müssen, bei der die Wahrscheinlichkeiten unbekannt sind.

Effektive Entscheidungen treffen unter Druck und in Extremsituationen

Entscheidungen unter Druck oder in Extremsituationen erfordern eine andere Herangehensweise als alltägliche Entscheidungen. In solchen Momenten ist es entscheidend, schnell zu handeln und dabei die wichtigsten Faktoren zu berücksichtigen. Es geht darum, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von Panik oder extremen Emotionen leiten zu lassen. Trainings und Simulationen können dabei helfen, die Fähigkeit zu verbessern, unter Druck bessere Entscheidungen zu treffen.

Nimmt Künstliche Intelligenz uns die Entscheidungsfindung ab?

Künstliche Intelligenz (KI) spielt zunehmend eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung und ist daher Forschungsgegenstand der Psychologie. KI-Systeme können riesige Datenmengen analysieren und Muster erkennen, die für den Menschen nicht offensichtlich sind. Diese Technologie kann in vielen Bereichen, von der Medizin bis zum Finanzwesen, genutzt werden, um bessere Entscheidungen zu treffen. Allerdings ist es wichtig, die Grenzen und möglichen Verzerrungen von KI-Systemen zu erkennen und zu verstehen, dass sie ein Werkzeug und kein Ersatz für menschliche Urteilskraft sind. Die psychologischen Mechanismen hinter der Entscheidungsfindung zu verstehen, ist also dennoch essentiell.

Fazit: Wie können wir in einer unsicheren Welt lernen, gute Entscheidungen zu treffen?

Die Fähigkeit, effektiv Entscheidungen zu treffen, ist eine psychologische Kernkompetenz in unserer schnelllebigen und unsicheren Welt. Ob es darum geht, die Fallstricke der Truthahn-Illusion zu vermeiden, unter Druck richtig zu handeln oder die Möglichkeiten und Grenzen von KI zu nutzen – es geht immer darum, ein tiefes Verständnis für die Dynamiken und Herausforderungen der Entscheidungsfindung zu entwickeln. Indem wir unsere psychologische Entscheidungs­kompetenz stärken, können wir nicht nur unser eigenes Leben verbessern, sondern auch einen positiven Einfluss auf unsere Gemeinschaft und Gesellschaft haben.

SRH Fernhochschule | Daniel Klein

Daniel Klein ist Fachdozent für Psychologie an der SRH Fernhochschule - The Mobile University und Leiter des Zertifikats “Entscheidungs­psychologie: richtig und schnell entscheiden”.

Ein Bewusstsein für unsere emotionalen Reaktionen und deren Einfluss auf unsere Entscheidungen kann zu klügeren und ausgewogeneren Urteilen führen. Es geht darum, Emotionen zu einem unterstützenden Faktor in unserem Entscheidungsprozess zu machen.
Daniel Klein, Fachdozent für Psychologie
Literatur

Russell, B. (1912). The Problems of Philosophy. Oxford University Press. ISBN-13: 978-1614274865

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