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Bachelor Ernährungswissenschaft und Prävention

Warum eine ganzheitliche Betrachtungsweise beim Thema Ernährung unerlässlich ist und ob es eine beste Ernährungsform gibt, beantwortet Prof. Dr. Bianca Müller uns im Interview.

Was haben ein Apfel und eine Joggerin mit unserem Studiengang Ernährungswissenschaft und Prävention (B.Sc.) zu tun, der ab 01.09.2020 startet? Sie stehen für die Verbindung von naturwissenschaftlichen und ernährungsspezifischen Inhalten mit dem Bereich der Gesundheitspsychologie und Prävention. Warum eine ganzheitliche Betrachtungsweise beim Thema Ernährung unerlässlich ist und ob es eine beste Ernährungsform gibt, beantwortet uns Studiengangsleiterin Prof. Dr. Bianca Müller im Interview:

Frau Müller, das Thema Ernährung ist heutzutage so populär wie nie und wir können auf eine Vielzahl an frei verfügbaren Informationen dazu zugreifen. Wir müssten also alle immer fitter und gesünder leben – oder?

Prof. Dr. Bianca Müller: Ja, das müsste man eigentlich annehmen. Tatsächlich nimmt das Ernährungswissen in der Bevölkerung zu. Übergewicht und ernährungsmitbedingte Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in unserer westlichen Gesellschaft aber nach wie vor ein großes Problem. So sind laut Robert-Koch-Institut rund zwei Drittel der Männer und etwa die Hälfte der Frauen in Deutschland übergewichtig. 23 % der Männer und 24 % der Frauen sind sogar adipös, also stark übergewichtig. Das belastet nicht nur die betroffenen Individuen, sondern unser gesamtes Gesundheits- und Sozialsystem.

Also kommt es nicht nur auf die Information an, sondern auch auf andere Faktoren. Was entscheidet darüber, ob wir zum Apfel oder zum Schokoriegel greifen?

Prof. Dr. Bianca Müller: Unser Essverhalten wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern spielen beispielsweise die biologischen Faktoren, wie Hunger, Durst und Sättigung, noch eine sehr bedeutende Rolle. Wenn ein Baby Hunger hat, schreit es. Wenn es satt ist, hört es auf zu trinken. Im Verlauf des Lebens wird die biologische Steuerung jedoch immer mehr von kulturellen Faktoren überlagert. Vereinfacht ausgedrückt, durchlaufen wir eine Art kulturell-familiäres Verhaltenstraining. Wir lernen, was wann gegessen wird und übernehmen die Gepflogenheiten unserer Bezugspersonen, ohne dass uns dies bewusst ist. Beispielsweise wird in der Familie zu einer bestimmten Uhrzeit zu Abend gegessen, unabhängig davon, ob alle Familienmitglieder bereits Hunger haben oder nicht. Auch emotionale Einflüsse prägen uns. So verknüpfen wir bestimmte Speisen oft mit besonderen Situationen, beispielsweise den Bratenduft mit dem Sonntagsessen in der Familie. Je älter wir werden, desto mehr denken wir über unsere Lebensmittelauswahl nach. Beispielsweise entscheiden wir uns in dieser Lebensphase immer häufiger ganz bewusst dafür, bestimmte Lebensmittel vom Speiseplan zu streichen, weil wir sie als ernährungsphysiologisch ungünstig einstufen oder wir mit der Produktionsweise nicht einverstanden sind. Man spricht von der kognitiven Steuerung. Um jetzt auf Ihre Frage zum Apfel und Schokoriegel zurückzukommen: Sie merken, es gibt nicht den einen Grund, warum wir entweder zu diesem oder zu jenem Lebensmittel greifen. Viele Faktoren spielen zusammen.

Wie bewerten Sie die Vielzahl an Informationen zum Thema Ernährung, welche uns das Internet, Blogger oder Influencer zur Verfügung stellen?

Prof. Dr. Bianca Müller: Auf der einen Seite ist es natürlich gut, wenn das Thema Ernährung thematisiert wird. Wir haben ja schon darüber gesprochen, wie groß hier der Handlungsbedarf ist. Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, dass das Internet bzw. die sozialen Medien geduldig sind. Die Informationen dort stammen nicht unbedingt von ausgebildeten Fachkräften. Jeder kann verbreiten was er möchte. Ob es sich dabei um persönliche Meinungen oder sogar bezahlte Werbung handelt, kann der Laie auf den ersten Blick oft gar nicht erkennen. Deshalb sollte man nicht alles, was man im Internet liest immer sofort glauben, sondern stets hinterfragen. Umso wichtiger ist es, dass es Fachkräfte gibt, die auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse beraten, die tieferen Zusammenhänge des Faches verstehen und Informationen auch kritisch beurteilen können. Ich freue mich schon, darauf, dass wir mit unserem neuen Studiengang Ernährungswissenschaft und Prävention genau die Fachkräfte ausbilden werden, die wir brauchen!

Wie kann man sich als Laie bei dem vielschichtigen Thema Ernährung einen Durchblick verschaffen und gesunde Produkte erkennen?

Prof. Dr. Bianca Müller: Im Allgemeinen nehmen wir zu wenig Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate und zu viel Energie in Form von Fett und Zucker auf. Auch die Versorgung mit bestimmten Vitaminen (z. B. Eisen, Calcium, Folsäure) ist bei manchen Bevölkerungsgruppen nicht optimal. Wenn wir unserem Körper etwas Gutes tun wollen, sollten wir deshalb reichlich pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Kartoffeln verzehren, denn diese liefern viele Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe. Auch mageres Fleisch und fettarme Milchprodukte sind empfehlenswert. Beim Fett sollte man auf die Fettsäurenzusammensetzung achten. Bevorzugt werden sollten Produkte, die reichlich ungesättigte und nur wenig gesättigte Fettsäuren enthalten. Auch fetter Seefisch sollte regelmäßig auf dem Speiseplan stehen. Sehr süße und salzige Lebensmittel sollten nur in kleinen Mengen verzehrt werden. Um herauszufinden, ob ein Lebensmittel ernährungsphysiologisch günstig ist oder nicht, lohnt sich ein Blick auf die Verpackung. Hier muss nämlich angegeben werden, wie viel Energie, Fett, Kohlenhydrate, Eiweiß, Salz, gesättigte Fettsäuren und Zucker im Produkt enthalten sind.

Es gibt eine Vielzahl von Ernährungsformen, von Low Carb bis Intervallfasten. Gibt es die „eine“ beste Ernährungsform?

Prof. Dr. Bianca Müller: Nein, es gibt keinen „Goldstandard“. Man kann sich auf vielerlei Arten gesund ernähren. Wichtig ist allerdings, dass der Körper optimal mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt wird. Am besten erreicht man das durch eine abwechslungsreiche Lebensmittelauswahl. Im Zweifelsfall kann man die eigene Nährstoffversorgung auch einmal beim Arzt überprüfen lassen. Ich persönlich finde es auch wichtig, dass Ernährung Spaß macht und flexibel ist. Denn nur dann, ist die Ernährungsform auf Dauer durchführbar. Strikte Verbote und eine sehr rigide Kontrolle des eigenen Essverhaltens sind meist kontraproduktiv.

Über den Autor

Lea-Anna Hurler ist seit Februar 2020 die Ansprechpartnerin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der SRH Fernhochschule – The Mobile University. Als Kauffrau für Marketingkommunikation bringt sie aus der IT-Branche außerdem Erfahrung mit agilen Methoden und New Work mit. Ihre Begeisterung für Texte und die vielfältigen Themen der Fernhochschule haben sich gesucht und gefunden.